Revolution der Fabrikplanung: Software erstellt Groblayouts automatisch

Revolution der Fabrikplanung: Software erstellt Groblayouts automatisch

In kurzer Zeit zum Groblayout, auch ohne Kenntnisse von Fabrikplanung: Das ermöglicht eine Open-Source-Software namens MeFaP, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH) gGmbH entwickelt haben. MeFaP steht ab sofort frei zugänglich im Netz. Unternehmen können die Software nutzen, um ihre bestehenden Fabriklayouts automatisch bewerten und optimieren zu lassen – oder ganz neue Layouts zu generieren.

Diese Software könnte die Fabrikplanung revolutionieren: MeFaP berechnet automatisch Groblayouts und optimiert diese nach den Wünschen der Nutzerinnen und Nutzer. Damit übernimmt die Software eine Aufgabe, mit der Fabrikplanungsexperten bisher tagelang beschäftigt waren.

Das nützt insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen, für die Fabrikplanungsprojekte nicht zum Tagesgeschäft gehören – und die in der Regel kein geschultes Personal dafür haben. Diese Unternehmen können ab sofort mit wenig Aufwand überprüfen, ob ihr aktuelles Fabriklayout noch zeitgemäß ist oder ob eine Restrukturierung sinnvoll sein könnte, um effizienter zu produzieren.

„Die Software übernimmt nicht den gesamten Fabrikplanungsprozess, aber sie spart enorm viel Zeit bei den ersten Schritten“, erklärt IPH-Mitarbeiter Paul Aurich, der die Software federführend entwickelt hat und die automatisierte Layoutplanung zum Thema seiner Promotion machen will.

Der Name MeFaP steht für „Methode zur quantitativen, mehrdimensionalen Fabriklayoutplanung“. Die Grundlage für die Open-Source-Software bildet das gleichnamige Forschungsprojekt, das das IPH mit Fördergeld des Bundeswirtschaftsministeriums durchgeführt hat.

„Uns war es wichtig, die Software so zu gestalten, dass jeder sie ohne Hilfe bedienen kann“, sagt Aurich. „Gleichzeitig lässt die Software sehr viele Freiheiten für alle, die sich mit Fabrikplanung bereits auskennen und ihr Fabriklayout detaillierter optimieren wollen.“

Auf der Benutzeroberfläche wird zunächst der Grundriss der Fabrik eingezeichnet und in ein gleichmäßiges Raster unterteilt. Die einzelnen Kästchen des Rasters repräsentieren Flächen von mindestens einem Meter Länge und einem Meter Breite. Je gröber das Raster, desto weniger Zeit benötigt die Software am Ende für die Layoutberechnung. Zusätzlich können die Softwarenutzerinnen und -nutzer jedem Kästchen Eigenschaften zuweisen. Hinterlegt werden kann beispielsweise die Deckenhöhe, Bodentraglast, die Art der Beleuchtung und die zur Verfügung stehenden Anschlüsse wie Wasser, Druckluft und Strom.

Anschließend können sogenannte Fabrikobjekte hinzugefügt werden. Darunter verstehen Fabrikplanerinnen und Fabrikplaner beispielsweise Flächen für Lager, Produktion, Montage und Büros. Für all diese Objekte wird zunächst der grobe Flächenbedarf festgelegt. Zusätzlich können die Nutzerinnen und Nutzer viele weitere Eigenschaften frei einstellen: Handelt es sich um eine Produktionsfläche mit großen und schweren Maschinen, die nur in einem Fabrikbereich mit hohen Decken und stabilem Boden platziert werden darf? Handelt es sich um Montagearbeitsplätze, die viel Licht benötigen, oder um Büroräume, die möglichst weit weg von lärmenden Maschinen platziert werden sollten? Muss die Fläche zwingend an einer Außenwand platziert werden, wie es beispielsweise beim Warenein- und -ausgang der Fall ist?

All diese Daten benötigt die Software, um die einzelnen Flächen optimal im Fabrikgebäude anordnen zu können. „Diese Daten müssen Unternehmen ohnehin zusammentragen, wenn sie mit einem Fabrikplanungsprojekt beginnen“, sagt Aurich. „Die Software unterstützt dabei, indem sie alle relevanten Informationen abfragt.“ So bekommen auch Unternehmen, die noch nie eine Fabrik geplant haben, eine Vorstellung davon, welche Daten überhaupt notwendig sind. Es müssen nicht alle Details hinterlegt werden – doch je mehr Informationen die Software bekommt, desto besser wird das Ergebnis.

Sind die Daten eingegeben, beginnt die Optimierung. „Einen ersten groben Layoutentwurf kann unsere Software in fünf Minuten erstellen“, sagt Aurich. Für eine detaillierte Optimierung benötigt das Programm allerdings ein paar Tage. „Es sollte dann auf einem freien Rechner laufen, der für nichts anderes benutzt wird“, rät Aurich. Diverse Algorithmen erstellen im Hintergrund unzählige Layoutvarianten und bewerten diese. Am Ende zeigt die Software die fünf besten Layouts an – inklusive der jeweiligen Bewertung. Zusätzlich können sich die Nutzer weitere Varianten anzeigen lassen, die schlechter abgeschnitten haben. Alle automatisch erstellten Layouts können anschließend noch manuell bearbeitet werden.

Ohnehin lässt die Software sehr viele Freiheiten. Auch wenn die Voreinstellungen so gewählt sind, dass sich jeder ohne Vorkenntnisse durchklicken kann – wer sich mit Fabrikplanung auskennt, kann der Software genaue Vorgaben machen. So können die Nutzerinnen und Nutzer beispielsweise festlegen, dass alle Lagerflächen in einem bestimmten Bereich angeordnet werden müssen. Sie können feste Flächen für Wege vorgeben oder bestimmten Fabrikobjekten manuell einen festen Platz zuweisen. Und es kann festgelegt werden, welche Zielkriterien bei der Layoutbewertung am wichtigsten sind.

Die Nutzerinnen und Nutzer haben sogar Einfluss darauf, wie die Software bei der Layouterstellung vorgeht. Normalerweise werden die Fabrikobjekte zufällig angeordnet, beginnend mit dem größten Objekt – sofern nichts anderes vorgegeben wird. „Wir haben in der Software mehrere Algorithmen hinterlegt, zwischen denen man wählen kann“, sagt Aurich. „Denn es macht einen Unterschied, ob man möglichst viele Varianten durchprobieren will, um ein gutes Layout zu erhalten – oder ob man schon ein gutes Layout hat, das man noch weiter verbessern möchte.“ Profis lassen die Software mehrmals rechnen, sodass sie zunächst vielfältige Entwürfe ausgibt und anschließend das beste Layout noch weiter optimiert.

Die Software kann aber nicht nur neue Layouts generieren, sondern auch bestehende Layouts bewerten. Unternehmen können ihr aktuelles Fabriklayout in die Software eingeben und erhalten Bewertungen in elf Kategorien, darunter Materialfluss und Flächennutzungsgrad. „Das ist für kleine und mittlere Unternehmen vielleicht der wichtigste Anwendungsfall“, sagt Aurich. „Denn damit können sie selbstständig beurteilen, ob sich ein Fabrikplanungsprozess lohnen könnte oder ob ihr Layout schon gut ist, so wie es ist.“

Die Ingenieurinnen und Ingenieure am IPH planen seit mehr als drei Jahrzehnten Fabriken im Auftrag von Unternehmen, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen in Niedersachsen. Auch für ihre eigenen Fabrikplanungsprojekte werden sie die Software zukünftig nutzen, um Zeit und Ressourcen zu sparen. „Wir sind gespannt, auf welche Ideen der Algorithmus kommt, die wir vielleicht gar nicht in Betracht gezogen hätten“, sagt Aurich. Denn ganz ohne menschliches Expertenwissen werden Fabrikplanungsprojekte auch in Zukunft nicht ablaufen – aber künstliche und menschliche Intelligenz können sich sehr gut ergänzen.

Die Open-Source-Software MeFaP wird unter der Softwarelizenz European Union Public Licence V. 1.2 veröffentlicht und ist frei verfügbar – sowohl auf der Projektwebseite unter http://mefap.iph-hannover.de als auch über GitLab unter https://gitlab.com/iph-group/lo_aif_mefap_2017/mefap.

Über die IPH – Institut für Integrierte Produktion Hannover gemeinnützige GmbH

Das Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH) gemeinnützige GmbH forscht und entwickelt auf dem Gebiet der Produktionstechnik. Gegründet wurde das Unternehmen 1988 aus der Leibniz Universität Hannover heraus. Das IPH bietet Forschung und Entwicklung, Beratung und Qualifizierung rund um die Themen Prozesstechnik, Produktionsautomatisierung, Logistik und XXL-Produkte. Zu seinen Kunden zählen Unternehmen aus den Branchen Werkzeug- und Formenbau, Maschinen- und Anlagenbau, Luft- und Raumfahrt und der Automobil-, Elektro- und Schmiedeindustrie.
Das Unternehmen hat seinen Sitz im Wissenschaftspark Marienwerder im Nordwesten von Hannover und beschäftigt aktuell ca. 70 Mitarbeiter, etwa 30 davon als wissenschaftliches Personal.

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